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Allende - Eine Retrospektive


Mirabeau
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Thema:

Allende - Der in die Wirklichkeit umgesetzte Traum oder aus der Wirklichkeit verbannte Albtraum

Lange 30 Jahren nun mehr liegt der in der ganzen Welt beachtete und höchst unterschiedlich beurteiltete Putsch Augusto Ugarte Pinochets zurück. Der 11. September 1973 ist unbestritten der Tag, an dem die Hoffnungen vieler Millionen Menschen in Chile aber auch unzähliger Links-Intellekteller in Europa und Südamerika im Rauch und Lärm eines von der landeseigenen Armee beschossenen Präsidentenpalastes untergingen.

Allende und die Moneda sind Symbol eines Traumes, wenn auch eines kurzweiligen: Des demokratisch anerkannten und eingesetzten Sozialismus. Ein Unikum, nicht nur dieses Kontinents, nein der damaligen globalen, politischen Landschaft.

Der Traum erwuchs zum Mythos, der letztere ist wohl weniger umstritten als der erstere es gewesen ist.

Aktualität erfährt das Thema dadurch, dass die Rolle der USA im Zusammenhang des Putsches aufgrund von neueren Recherchen fundamental revidiert werden muss.

Der persönliche Bezug ist meiner Meinung nach auch gegeben: Viele Jugendliche in diesem Forum werden sich wohl schon mit sozialistischen Ideen, südamerikanischen Sympathie- und Ideologieträgern, ich denke zum Beispiel an die wachsende Zahl der Leute, die mit Che Guevara Hemden herumlaufen, in ihren Freundeskreisen auseinandergesetzt haben, obwohl ich zugeben muss, dass ich dies mit einem gewissen Schmunzeln auf den Lippen sage ( Ich habe vor kurzem eine Projektgruppe mit dem Thema Kuba mitgeleitet; ein doch nachdenklich Nebenresultat: Die Leute mit den größten Ché-Konterfeis auf ihren T-Shirts hatten die wenigsten Kenntnisse über ihren Helden).

Vielleicht gelingt es uns zum Anlass dieses historischen Ereignisses die Chance zu ergreifen, uns auszutauschen, zu diskutieren und zu bewerten.

Gibt es hier vielleicht jemanden, der so alt ist, dass er/sie diese bewegende Tage miterlebt hat und er/sie seine/ihre Empfindungen, Eindrücke und Gedanken dieser bewegenden Tage wiedergeben kann? Wie bewertet er/sie die Dinge heute?

Was bedeutet Allende für uns, die wir ihn nur in der Geschichtsschreibung kennengelernt haben und uns so relativ emotionsfrei und objektiv seiner Person und dem Thema annähern?

Welche schlagenden Eindrücke habt ihr aus den Filmen, die die damalige im Bild festhalten, mitgenommen? Was war das Einprägsamste, das euch im Gedächtnis geblieben ist?

Könnt ihr Literatur oder Dokumentationen dieses Thema betreffend empfehlen?

Und die kontroverseste, aber interessanteste Frage:

Wie müßte eine Beurteilung Chiles Zeit unter Allende und seines Sturzes eurer Meinung nach ausfallen?

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hier einleitend nur ein paar allgemeine Worte:

Als 1970 der Arzt Salvador Allende als Kandidat der Volksfront aus Sozialisten, Kommunisten und anderen Linksparteien zum Präsidenten gewählt wurde (allerdings nur mit einer knappen relativen Mehrheit von 36, 3%), war er das erste demokratisch gewählte marxistische Staatsoberhaupt eines amerikanischen Staates. Ein blutiger Militärputsch setzte dem Versuch, sozialistische Reformen mit friedlichen Mitteln durchzusetzen, nach drei Jahren ein Ende. Allerdings darf man nicht übersehen, dass die Verstaatlichung des chilenischen Kupferbergbaus und die Landreform bereits von seinem christlich-demokratischen Amtsvorgänger Eduardo Frei eingeleitet worden waren und dass die Parteien, die seine Politik trugen, nie die Mehrheit im Volk und im Parlament verkörperten. Allendes Wahl war mit christlich-demokratischen Stimmen zustandegekommen, aber diese Partei wandte sich von ihm ab, als Allende das Tempo der Reformen unter dem Druck radikaler Parteigänger und militanter Extremisten forcierte. Auch wenn heute bekannt ist, dass es US-amerikanische Einflussnahme bei den wirtschaftlichen Schwierigkeiten gab, die seinem Sturz vorausgingen, und auch der Militärputsch Pinochets im September 1973, vom amerikanischen Geheimdienst CIA massiv unterstützt wurde, so war Allendes Politik schon vorher gescheitert! Allendes Aufstieg und Fall ist ein Lehrstück dafür, dass für notwendige Reformen in einer parlamentarischen Demokratie nicht gute Absicht, sondern die Bereitschaft und die Kraft, Mehrheiten zu überzeugen, wichtigste Voraussetzung ist.

Die auf den Putsch folgende Militärdiktatur unter Augusto Pinochet von 1973 bis 1990, durch die für lateinamerikanische Verhältnisse ungewöhnlich grosse Zahl von Todesopfern des Umsturzes und die grausame Behandlung Tausender politischer Gefangener von vorneherein diskreditiert, konnte die wirtschaftlichen Probleme, für deren Lösung Frei und Allende angetreten waren, auch nicht lösen.

-EDIT-

TV-Tipps zum Thema Allende:

Mittwoch, 10.09. ARTE 20.45 Uhr Die Verschwörung - Aufstieg und Fall des Salvador Allende.

Donnerstag, 11.09. 3 SAT 22.25 Uhr Mit brennender Geduld - Spielfilm, Dtl./Portugal 1983 - Die Freundschaft des chilenischen Dichters und Dramatikers Pablo Neruda (1904-1973) zu einem Dorfbriefträger zur Zeit des Militärputsches 1973.

Donnerstag, 11.09. 3 SAT 23.40 Uhr Valparaiso eterno - Die Spuren der Ära Pinochet.

Freitag, 12.09. ARTE 22.15 Uhr Chile - Die Helden sind müde - Doku-Film, Frkr.2002 - Von 1973-90 regierte General Pinochet in Chile. 13 Jahre nach der Diktatur befragte M. Enriquez, Sohn eines Weggefährten des 1973 ermordeten S. Allende, ehemalige Mitstreiter seines Vaters über ihre politischen Anschauungen.

Montag, 15.09. ARD 21.45 Uhr Politische Morde - Verrat in Santiago - Wer erschoss Salvador Allende?

Montag, 15.09. WDR 22.30 Uhr die story - Eiskalt - Pinochets Plan Z - 11.09.1973. Militärputsch in Chile. Begründung: Die Regierung Allende habe mit dem "Geheimplan Z" einen linken Staatsstreich geplant. Fakt oder Propaganda? - Gerspräche mit Opfern und Ex-Mitgliedern der Junta Pinochets.

Edited by Sk8er Boi

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Sk8er Boi schrieb:

Auch wenn heute bekannt ist, dass es US-amerikanische Einflussnahme bei den wirtschaftlichen Schwierigkeiten gab, die seinem Sturz vorausgingen, und auch der Militärputsch Pinochets im September 1973, vom amerikanischen Geheimdienst CIA massiv unterstützt wurde, so war Allendes Politik schon vorher gescheitert!

Hast Du die Zusammenfassung selber aus verschiedenen Informationsquellen erstellt?

Nur ein Punkt: Die Reportage Montag, 15.09. ARD 21.45 Uhr Politische Morde - Verrat in Santiago - Wer erschoss Salvador Allende? wird widerlegen, dass es eine US-amerikanische Verwicklung kurz vor und während des Putsches gab. Tage vor dem Putsch gab es einen klaren Befehl an alle CIA-Agenten in Chile sich ausdrücklich nicht an jeglichen Aktivitäten, die sich zum Sturz Allendes führen könnten oder im Zusammenhang damit stehen könnten, zu beteiligen.

Zu den wirtschaftlichen Schwierkigkeiten: Die bestanden zum Beispiel darin, dass die US-amerikanischen Firmen, die im Kupferbergbau tätig waren, nach der Enteignung oder schon bei der staatlichen Ankündigung ihre Spezialisten, die zum Abbau des Kupfers dringend notwendig waren, aus Chile abzogen. Ich denke, man kann es keinem Unternehmen verübeln, wenn es einer Regierung, die das Unternehmen durch die Auferlegung sozialistische Zwangsmaßnahmen die Existenz raubt, seine mit viel Geld ausgebildeten Fachkräfte entzieht.

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Hast Du die Zusammenfassung selber aus verschiedenen Informationsquellen erstellt?

Als Quelle für meinen Beitrag dienten mir meine Unterlagen für den Geschichtsunterricht aus dem Jahr 1995.

Eine aktive Beteiligung der USA am Putsch gegen Allende gab es also nicht? Da bin ich ja mal auf die Reportage am kommenden Montag gespannt.

Was aber auf jeden Fall feststeht ist, dass Washington das Regime von Pinochet nach dem Putsch unterstützt hat!

Sie hierzu auch diesen Artikel der Neuen Ruhr Zeitung von gestern.--->klick

Edited by Sk8er Boi

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Sk8er Boi schrieb:

Als Quelle für meinen Beitrag dienten mir meine Unterlagen für den Geschichtsunterricht aus dem Jahr 1995.

Was war denn das Oberthema, in das Allende integriert war? Ist das Beispiel Chile exemplarisch gebraucht worden? Ich frage so nach, weil Südamerika ja doch ein wenig zu kurz im Geschichtsunterricht kommt.

Eine aktive Beteiligung der USA am Putsch gegen Allende gab es also nicht? Da bin ich ja mal auf die Reportage am kommenden Montag gespannt.

Ich beziehe eine deutschsprachige Zeitschrift, die sich mit der ganzen spanisch-sprachigen Welt befasst, und die letzte Ausgabe enthielt ein Interview mit dem Macher dieser Sendung und weitere Hinweise.

Aber ich warne davor, jede Reportage in Sachen südamerikanische Politik und Geschichte als die volle Wahrheit hinzunehmen. An diesem Thema scheiden sich die Geister, die ganze Materie ist emotional aufgeladen und die Objektivität bleibt mithin auf der Strecke.

Es bietet sich natürlich auch an, da die Zuschauer entweder völliges Neuland betreten oder sich nur wenig mit Südamerika befasst haben, den Zuschauer in eine dem Dokumentarfilmer angenehme Richtung zu lenken.

Aus Grün machen manche Filmemacher schwarz oder auch weiß, was nicht heißen soll, dass falsche Fakten präsentiert werden, sondern dass alles eine Frage der Auslegung der Fakten und auch der Wahl der gebrachten Fakten ist.

Vielleicht hat gestern abend jemand die ARTE-Reportage "Aufstieg und Fall des Salvador Allende" gesehen, ein klassisches Beispiel dafür, wie man durch die Wahl der Fakten beeinflussen kann. Dadurch dass die Motive der Mittelschicht zum Widerstand gegen Allende unerwähnt blieben, setzt sich diese für den Zuschauer automatisch ins Unrecht.

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