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Tierversuche


lubnan
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ich hab gedacht, nachdem wir einen thread zum thema "pelze" haben, gibts vielleicht auch diskussionsbedarf über tierversuche. hier ist ein interessanter artikel dazu aus der SZ:

Tierversuche

Erkenntnisgewinn ungenügend

Tierversuche gehören in den Biowissenschaften zum Laboralltag. Dabei sind sie in der Forschung oft überflüssig.

Von Petra Mayer

 

An „Tiermodellen“ wird alles Mögliche getestet; etwa die Wirkung von neuen Substanzen, oder wie schnell Wunden heilen. Was Mäuse, Ratten und Versuchskaninchen an Ergebnissen liefern, ist aus Sicht vieler Forscher wichtig, um zum Beispiel die Entstehung von Krankheiten besser zu verstehen.

Auch auf die Entwicklung neuer Operationsmethoden, das Testen lebenswichtiger Antibiotika oder auf neue Erkenntnisse in der Krebsbehandlung wird gerne verwiesen, um Tierversuche zu rechtfertigen.

Was will man auch einer Mutter sagen, deren Kind an Krebs erkrankt ist und die sich von Tierversuchen neue Therapieformen erhofft? An mehr als zwei Millionen Tieren wurden 2004 in Deutschland im Namen der Gesundheit und des wissenschaftlichen Fortschritts Versuche gemacht.

Nur 0,3 Prozent aller Versuche machten Sinn

Doch halten die Experimente, was die Versuchsleiter der Öffentlichkeit versprechen? In den vergangenen Jahren gab es mehrere Studien, in denen untersucht wurde, ob das Pauschalargument, dass Tierversuche zentrale Erkenntnisse für die menschliche Gesundheit liefern, tatsächlich stimmt.

So kamen die drei englischen Forscher Knight, Bailey und Balcombe, die bei einem Weltkongress über Alternativen zu Tierversuchen im August vergangenen Jahres einen Preis erhielten, in einer Studie zu enttäuschenden Ergebnissen.

Sie untersuchten Tierversuchsdaten zur Wirkung von Chemikalien auf die Krebsentstehung und fanden heraus, dass diese nur eine dürftige Aussagekraft für den Menschen haben.

Zu ähnlichen Ergebnissen kamen auch Wissenschaftler aus Bayern. Sie haben untersucht, ob die Erkenntnisse, die aus den für Tiere oft qualvollen Tests resultieren, für die Gesundheit von Menschen relevant sind.

Grundlage ihrer über zehn Jahre angelegten Langzeitstudie waren Forschungsanträge biomedizinischer Arbeitsgruppen aus drei bayerischen Universitäten.

Promotion als Begründung

Im Zentrum stand die Frage, ob die Forscher das im Antrag postulierte Versuchsziel, eine neue Therapie oder überhaupt ein klinisch relevantes Ergebnis erreichen konnten.

Das Ergebnis war enttäuschend. Nur bei 0,3 Prozent der untersuchten Studien waren tierexperimentelle Befunde auf Menschen übertragbar. Doch selbst bei diesen 0,3 Prozent konnten Erkenntnisse aus Tierversuchen nicht in eine neue Therapie für Menschen umgesetzt werden.

Die Voraussetzungen, um aus Tierversuchen vorhersehbare Resultate für den Menschen zu erhalten, seien viel zu komplex und könnten nur im Einzelfall beurteilt werden, meint Toni Lindl vom Institut für Zellkultur in München, der die Studie geleitet hat.

Er fordert deshalb, dass pauschale Versuchsbegründungen wie ein allgemeiner Nutzen für die menschliche Gesundheit wenigstens für stark belastende Tierversuche von den Behörden nicht mehr akzeptiert werden sollten.

Qual verzerrt Daten

Wer Tierversuche machen will, muss sie genehmigen lassen und hat den Zulassungsbehörden Gründe zu nennen, warum der Versuch notwendig ist. Hauptkriterien für die Zulassung sind, dass der Versuch unerlässlich und ethisch vertretbar ist.

Weil Tierversuche aber auch der Karriere dienlich sind, gebe es auch Anträge, in deren Begründung die eigene Promotion als Ziel angegeben sei, sagt der Vertreter einer Zulassungsbehörde.

Auf seinem Schreibtisch haben gelegentlich solche Anträge gelegen. Solche Ausrutscher seien aber eher die Ausnahme. Häufiger komme es dagegen vor, dass die Zahl der Tiere, die der Antragsteller im Versuch verwenden möchte, unbegründet hoch angegeben sei.

Diese Anträge gingen dann wieder zurück und würden erst genehmigt, wenn die Antragsteller zusichern, die Tests mit weniger Tieren durchzuführen.

Ihr Schmerz wird unterschätzt

Viele Antragsteller schätzten die Belastung der Tiere und deren Leiden falsch ein – in aller Regel zu niedrig. Die falsche Einschätzung ist für die gewonnenen wissenschaftlichen Daten fatal.

„Es hat sich herausgestellt, dass die wissenschaftliche Aussagekraft sinkt, je mehr die Versuchstiere leiden“, sagt Roman Kolar von der Akademie für Tierschutz in München. Der Stress unter dem die Tiere stehen und die Schmerzen verfälschten die Ergebnisse.

Um die Einschätzung des Leidens der Versuchstiere zu objektivieren, müsse man überprüfen, ob die im Antrag vermerkte Leidensstufe auch der Realität entspreche.

Längst überfällige Kontrollen

In der Schweiz wird dieser Abgleich von den Behörden regelmäßig durchgeführt. Dort wird die beim Antrag eingetragene Leidenskategorie der Tiere im Versuch auf ihre Richtigkeit überprüft. Dies sei eine längst überfällige Qualitätskontrolle bei Tierversuchen.

Mindestens ebenso wichtig sei es aber auch, zu überprüfen, ob das Experiment tatsächlich den im Antrag beschriebenen Nutzen gebracht hat, sagt Kolar: „Die bayrische Studie hat bestenfalls die Spitze des Eisbergs gezeigt. Wenn Anspruch und Wirklichkeit so weit auseinander klaffen, ist der Gesetzgeber gefragt, das Genehmigungsverfahren für Tierversuche in Deutschland endlich auf den Prüfstand zu stellen.“

(SZ vom 1.3.2006)

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